Die Bewegung verdanken wir Opfern des US-amerikanischen Bildungssystems, eines von denen mir in den 1990ern zB allen Ernstes weis machen wollten, dass das Wort „history“ ja klar zeige, dass die Geschichtsschreibung Schlagseite zur männlichen Sicht hätte. Ja, weil das Wort ja aus „his“ und „story“ zusammengezogen wäre. Das kam von einer angehenden Akademikerin im persönlichen Gespräch, stand aber damals auch mehrfach in sowohl amerikanischen, als auch österreichischen Studentenzeitungen.
Am meisten fehlt mir bei der Verteidigung der (deutschen) Sprache aber der Vergleich mit anderen Sprachen und Gesellschaften. Kurioserweise haben wir es „trotz“ unserer „das Patriarchat einzementierenden“ Sprache in der Emanzipation weiter gebracht als die meisten auf der Welt. Nun sollte es nicht schwer sein, dem Gendern das Fundament zu pulverisieren, indem man auf die Sprachen, ihre Genera und die Rollen der Frauen in ihren Gesellschaften hinweist. Dazu braucht man keine Studien. Schon eine kurze KI-Suche ergibt, dass Sprachen zwischen 0 und Dutzenden grammatikalischen Genera besitzen. Wer über den Tellerrand hinausblickt (keine Stärke der Genderer, aber leider auch nicht der Verteidiger), kann nur erkennen, dass Gesellschaften mit geschlechtsneutralen Sprachen keineswegs die Gleichberechtigung erfunden haben, und andererseits weder das Vorhandensein von genau zwei grammatikalischen Genera (was möglicherweise nur auf eine Minderheit der Weltbevölkerung zutrifft), als auch das Vorhandensein dreier oder mehrerer Genera der Emanzipation im Weg gestanden ist.
Ein wenig zu vergleichen und ein wenig historisches Denken wirft so viel mehr handfeste Argumente in die Waagschale, als auf die innere Logik der deutschen Sprache zu verweisen. Mit Letzerem sind doch diese Sinowatz- und Gehrer-Opfer naturgemäß überfordert. Aber sie können nachvollziehen, dass zB die geschlechtsneutralen Sprachen Türkisch und Persisch den Frauen dort nichts geholfen haben, und es vielleicht doch an etwas anderem liegt…
Walter Reitinger per Mail