
Die Wertschätzung der älteren Generationen beginnt mit der „richtigen“ Sprache
Kommentar von Ernst Brandl

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle der Stadt Graz präsentierte kürzlich einen vernichtenden Diskriminierungs-Befund. Von einem „starken Anstieg der Altersdiskriminierung“ sprach die Expertin, „die Digitalisierung macht vielen Senioren zu schaffen“, ältere Personen „fühlen sich allein gelassen“ und das „Vertrauen in den Staat gehe verloren“, wenn etwa Behördentermine und Verwaltungsakte zusehends „online“ stattfinden, oder Formulare nur mehr über digitale Portale abrufbar sind, resümierte sie ihren Befund über Alltagsprobleme der älteren Generationen.
Altersdiskriminierung durch Digitalisierung ist dabei nur ein Faktor. Noch befremdlicher und generationenvergessener ist für viele Senioren der Wandel der Alltagssprache hin zu Denglisch und Anglizismen. Ganz abgesehen von der sinnbefreiten Genderei, die selbst bei jungen Generationen sprachliche Verwirrung stiftet – es sind die von hoheitlichen Stellen exzessiv und unbedacht verwendeten Anglizismen, die die Alten im sprachlichen Sinne dem Zeitgeist „entfremden“.
Wenn Unternehmen im Handel und Gewerbe ihre Produkte vielfach nur mehr mit englischen Schlagwörtern bewerben, so mag man das in einer international lesbaren Werbebotschaft begründet sehen. Warum aber regionale Kaufleute stets mit einem „Sale“, statt „Abverkauf“ werben bleibt schleierhaft.
Wo die Altersdiskriminierung durch Pseudo-Anglizismen wirklich possenhafte Züge annimmt, zeigt ein Projekt mit dem sperrigen Namen „comunity health nursing“.
Gemeint ist damit eine Maßnahme, bei der ausgebildete Pflege- und Gesundheitskräfte älteren Personen bei Hausbesuchen in gesundheitlichen Fragen beistehen, anweisen und helfen. Solch „Comunity Health Nurses“ leisten also älteren Generationen durch Vorzeigen und Gespräche, Beistand in Gesundheitsfragen. Warum solche Experten nicht Pflege- und Gesundheitsberater heißen dürfen, ist unverständlich. Fragt man bei Ministerien und Behörden nach, die für die Abwicklung und Finanzierung dieser Maßnahme Verantwortung tragen, so heißt es, es gebe kein deutsches Wort für diese Maßnahme und man wolle sich an internationalen Fachausdrücken orientieren.
Dass die Zielgruppe, die man mit dieser Maßnahme ansprechen will, mit „Community health nursing“ gar nichts anfangen kann, wird von offiziellen Stellen, nicht mal bedacht! Genau hier beginnt aber die (sprachliche) Geringschätzung und Diskriminierung der „Alten“. Eine Sprache, die nicht mehr verstanden wird, setzt ältere und alte Menschen herab. Die Wertschätzung der älteren Generationen beginnt nämlich mit der „richtigen“ Sprache.