Politik und Sprachkultur

Politik und Sprachkultur

INTERVIEW

HIER LESEN: Das Interview mit Wolfgang Zanger:

IGM: Als Abgeordneter Im Hohen Haus, wie erleben Sie die Sprachkultur im Parlament?

Wolfgang Zanger: Parlament kommt von „parlare“ – also „reden“. Manchmal geht es auch hitziger zu – vor allem wenn die TV-Kameras eingeschaltet sind. In den Ausschüssen herrscht meist ein moderaterer Ton.


IGM: Gehört zu Ihrem Sprachgebrauch auch Reden in Dialektsprache?

Wolfgang Zanger: JA natürlich, ich vertrete seit Jahrzehnten für meine Partei die Interessen der Menschen aus meiner Heimatregion Obersteiermark. Dazu gehört auch die Sprache des Murtals und der Obersteiermark nach Wien zu tragen. Macht mir sogar Freude, den Herrschaften in Wien zu zeigen wie der Volksmund so spricht!


IGM: Verwenden Sie eigentlich die Gendersprache in offiziellen Reden?

Wolfgang Zanger: Diese Genderei lehne ich ab! Das ist ja eine reine Kunstsprache für jene die glauben „was Besseres“ zu sein! Dass diese Genderei auch im ORF gepflogen wird, halte ich für absolut fehl am Platz. Und wenn ich bei einer offiziellen Rede mit „Liebe Steirerinnen und Steirer“ beginne, so ist das ja keine Genderei, sondern eine Frage der Höflichkeit.


IGM: Verwenden Sie Gendersprache auch privat, bzw. Wie reagieren Sie wenn jemand mit Ihnen in Gendersprache spricht?

Wolfgang Zanger: Ich weiß ja wie meine Kollegen in den verschiedenen Fraktionen ticken. Wenn jemand versucht das „Binnen I“ mit einer Sprechpause auszusprechen, weiß man schon wieviel es geschlagen hat. Im privaten Umfeld kenn ich kaum jemanden der Gendersprache verwendet. Gendersprache wird oft nur dann verwendet, wenn die TV-Kameras und Mikrophone eingeschalten sind. Da mach ich nicht mit!


INTERVIEW

HIER LESEN: Das Interview mit Mario Lindner:

IGM: Als Abgeordneter Im Hohen Haus, wie nehmen Sie generell die Sprachkultur im Parlament unter den Kolleginnen und Kollegen wahr?

Mario Lindner: Ich darf ja schon seit 2015 in verschiedenen Funktionen dem Parlament angehören und muss leider sagen, dass sich die Sprachkultur in dieser Zeit deutlich verschlechtert hat. In meiner Anfangszeit, zuerst als Bundesrat und dann als Präsident der Länderkammer, gab es eine andere Art von gegenseitigem Respekt und zumindest den Versuch, die Kolleg*innen zu verstehen und ernst zunehmen … das hat sich ab der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz massiv verändert. Die Sprache ist gehässiger geworden und die lange geachtete Kompromissfähigkeit ist vielen im Hohen Haus leider abhandengekommen. Ich glaube, dass sich in dieser Frage alle Abgeordneten fragen sollten, was wir besser machen können, aber dass schon auch klar sein muss, dass vor allem seit 2020 der rechte Rand und insbesondere die FPÖ ganz bewusst daran arbeiten, die Sprache in der Politik zu verändern und selbst von der dadurch entstehenden Unzufriedenheit zu profitieren.


IGM: Sie vertreten als Parlamentarier die Obersteiermark. Gehört zu Ihrem Sprachgebrauch im Parlament auch manch Formulierungen in Dialektsprache?

Mario Lindner: Natürlich! Alles andere wäre ja unglaubwürdig. Wer mich kennt, die*der weiß ja, wie ich rede und die Menschen, die unseren Debatten im Parlament zuhören, spüren ja auch, wenn man sich verstellt und nicht so kommuniziert, wie man es auch im direkten Gespräch tun würde. In meiner Zeit als Präsident des Bundesrates gab es natürlich einige besondere Staatsanlässe, wo formelle Reden in Hochdeutsch gehalten werden mussten. Aber ganz prinzipiell finde ich, es ist eine der lebendigsten Zeichen unserer Vielfalt wenn in hitzigen Debatten im Parlament nicht nur verschiedene Dialekte aufeinandertreffen, sondern Kolleg*innen auch Einflüsse aus dem kärntnerischen Slowenisch oder dem burgenländischen Kroatisch einbringen.


IGM: Verwenden Sie eigentlich die Gendersprache in ihren offiziellen Reden?

Mario Lindner: Ja, für mich ist das eine Selbstverständlichkeit! Als LGBTIQ-Abgeordneter weiß ich, dass Sprache Sichtbarkeit schafft und deshalb gehört geschlechtergerechte Sprache für mich zum Alltag und zur Selbstverständlichkeit. Aber ich will niemanden dazu zwingen oder überreden oder kontrollieren, ob gendergerechte Sprache verwendet wird. Ich rede einfach so, wie ich rede … und da gehört’s dazu, möglichst alle Menschen ohne großen Aufwand anzusprechen. Was mich aber ärgert, ist die bewusste Stimmungsmache mancher Parteien bei diesem Thema: Während ich und die Mehrzahl meiner Kolleg*innen kein Thema draus machen und uns um die „echten Themen“ der Menschen kümmern, gibt’s eine Partei die immer und immer wieder über’s Gendern reden will. Diese Partei hat (als einzige) mehr als ein Dutzend Anträge zu diesem Thema in der letzten Periode eingebracht, damit gehetzt und Stimmung gemacht und dreimal darf man raten, welche Partei das war – natürlich die FPÖ!


IGM: Verwenden Sie Gendersprache auch privat, bzw. Wie reagieren Sie wenn jemand mit Ihnen in Gendersprache spricht, oder nicht in Gender-Sprache spricht

Mario Lindner: Wie schon gesagt, ich rede im Parlament so, wie ich auch privat spreche und dazu gehört, dass es für mich kein Aufwand, sondern eine Selbstverständlichkeit ist, unsere Vielfalt auch sprachlich abzubilden. Also benutze ich meistens geschlechtergerechte Sprache, sicher nicht immer und in jedem einzelnen Fall, aber darum geht’s ja auch nicht. Und wie soll ich reagieren, wenn das jemand nicht tut? Gar nicht! Ich bin in die Politik gegangen, um das Leben meiner Mitmenschen besser zu machen – die Sprachpolizei ist, dass zeigen die Anträge und Initiativen der letzten Jahre, eher am rechten Rand bei der FPÖ angesiedelt.